Lieber Matthias, wir sitzen hier in deinem Atelier, um uns herum deine wohl aktuelleren Arbeiten, die mich auch gleich zu meinen Einstieg in unser Gespräch führen. Erste Frage also : Was beschäftigt dich gerade bei deinen neuen Bildern ?
Liebe Karin. Gerne würde ich jetzt umweglos auf deine schöne und klare Frage antworten. Aber ich möchte doch voranstellen, daß die Bilder, die du hier siehst, immer auch Teile einer mittlerweile langen Wegstrecke sind, sie also zumindest von mir nicht isoliert von all den vorhergehenden betrachtet werden können. Zwar erwarte ich von ihnen, daß sie auch einzeln und kontextlos bestehen, doch ist das ja eine qualitative Frage. Was ich meine, ist, daß sie nicht mit gänzlich neuer Erkenntnis und Herangehensweise erstellt worden sind, oder vielmehr erstellt werden. Und so sind es die kleinen Veränderungen, welche meine Arbeit hoffentlich voranschreiten lässt., eher schneckig und beständig.
Also, kurze Rede, langer Sinn, diese Serie von Monotypien kommt meinem grundsätzlichem Interesse entgegen, dem Zufall immer weniger im Weg zu stehen. Ich hatte festzustellen, daß mein Wollen, also das Beharren auf ein vorgedachtes Ergebnis, die Bilder kalkuliert, absehbar und auch langweilig werden lässt. Je mehr ich mich in der Beginnphase mit Wünschen und Forderungen zurückhalte, desto reichhaltiger, desto überraschender und spannender das Erzeugnis.
Aber dann könntest du dir ja auch eine Maulwurfsmaske aufsetzen und losmalen, egal welche Form und Farbe. Matthias, die Drucke, wie ich jetzt verstanden habe, machen einen anderen Eindruck, als es deine Beschreibung behauptet.
Gegenfrage : Welchen Eindruck machen sie denn ?
Um im Gesprächskontext zu bleiben, sie wirken trotz einer gestischen Grundhaltung und einer bei jedem Blatt neu verhandelt scheinender Freiheit, kontrolliert und überlegt.
Bevor du mir allerdings darauf antwortest, wäre es schön, du erläutertest kurz, was wir hier überhaupt sehen.
Zumindest den formalen Rahmen. Ausgehend von einer Ausstellung hier in Wuppertal (Degas/Rodin, 2017, Museum Von der Heydt), habe ich mich nach langer Zeit mal wieder mit Degas beschäftigt. Halt wie ich ihn so heute einschätze. Schließlich kam ich auf seine Monotypien, die mich nun ebenso beeindruckten, wie sie es vor 25 Jahren in der Lage waren zu tun. Allerdings diesmal wollte ich die Beeindruckung in meine eigene Arbeit einfließen lassen. Schließlich hatte ich die Serie mit den „Fortbewegungsmitteln“ abgeschlossen, es sollte was Neues daher, ein wenig lustlos war ich auch.. Und da kam mir das super zupass, daß der Degas meinen Weg mal wieder kreuzte. Nun gut, eine Monotypie ist eine Art Abklatschdruck. Ich streiche Ölfarbe auf ein Glas, lege ein Blatt Papier darauf und drücke dieses mit unterschiedlichen Werkzeugen und Fingern in den nassen Grund. Was hängen bleibt, ist Bild.
Das hört sich schon sehr nach Zufallsentstehungen an. Ich sehe aber ein immer wieder variiertes Motiv sehr deutlich ; nämlich das der Windmühle. In der Grundform gibt’s die immer gleich zu sehen. Das widerspricht doch deiner Beschreibung ?
Mir sind formale Grundverbindlichkeiten innerhalb der einzelnen Serien schon wichtig. Sonst wärs ja irgendwie auch keine Serie. In dem Fall ist es das Motiv der Windmühle.
Diese Drucke bestehen aus mehreren „Abklatschen“, wobei ich ungewollte Überlagerungen zu vermeiden suche, indem ich mir halt merke, oder auf dem Glas vermerke, wo was hin soll, beziehungsweise wo ich etwas bestehen lassen möchte. Und somit lenke ich natürlich das Bild. Nur ob mich mein Lenkverhalten in eine gewollte Richtung bringt, weiß ich in dem Augenblick noch nicht.
Wenn ich das richtig verstehe, dann ist es für dich interessant, daß du nicht direkt siehst, was sich auf der künftigen Vorderseite deines Bildes abspielt, während du es bearbeitest ?
Diese zeitliche Verzögerung, während ich beispielsweise die Konturen der Windmühle mit der Häkelnadel meiner Mutter einzeichne, und ich nur erahne was ich sehen werde, schiebt die künstlerische Verantwortung nach hinten und Dinge bekommen eine Chance, die ich vielleicht in einem direkt sichtbaren Malprozess nie zulassen würde. So provoziere ich etwas, was hoffentlich größer ist als mein bisheriges Grundvermögen.
Das klingt ja geradezu bescheiden…
Ist reine Strategie. Das gute Ziel bestätigt den Weg ! Aber wie wir ja wissen, ist alles immer etwas komplizierter, als man fürderhin meint. Am Beginn eines solchen Vorhabens steht ja eine aufgeregte Erwartungshaltung, die allerdings häufig, und wohl zu recht, zu einer mittlerweile erwarteten Enttäuschung führt. Alles ist erst mal interessant ; wie die Farbkonsistenz den Druck beeinflusst, wie Drucke eher zeichnerischer oder malerischer Natur entstehen und so weiter. Eine sehr angenehme Situation der Bildherstellung ist das. Noch kann man alles annehmen, was wie zugeflogen daherkommt. Aber man findet sich doch recht schnell zwischen den ewig bekannten Qualitätseckpfeilern seines Selbst wieder. Das ist dann der harte Boden der Tatsachen. Und aus Erfahrung weiß man, so einfach kommt man nicht zum guten Bild.
Eine kritische Überprüfung und eine entsprechende Korrektur kann ich mir also natürlich nicht ersparen, das ständiges Wechselspiel aus Provokation und Filterung beginnt lediglich später. Aber der Vorteil bei dieser Herausforderung des Zufalls ist der, daß ich die Routinen, diese Wiederholereien, die also unangenehmen Seiten des Handwerklichen umgehe, ich also nicht immer die gleiche Suppe aufwärme. Das Künstlerische, das schöne Unbekannte, welches ich mir vielleicht ein wenig unredlich erarbeitet haben mag, kann ich im nächsten Schritt mein eigen nennen, es als mir zugehörig betrachten. Mich interessiert nicht das Bekannte, sondern das Unbekannte.
Unredlich.. jetzt wird’s aber kokett.
Stimmt, streichen wir das.
Also wird das Unbekannte von dir schließlich eingemeindet und bekannter Teil deines Künstlerselbst !
Gut zusammengefasst.
Und dieses Künstlerselbst erwartet von dir immer wieder, daß du es erweiterst. Ist da eine immer wieder zu aktualisierende Selbstbestätigung die Antriebsfeder ? Und/oder ist es eher die Neugier, was du noch an Neuem in die Welt bringen kannst ? Und folgend die Frage, wird man sich und seiner Arbeit nicht überdrüssig, gerade wenn man sozusagen unablässig auf sich selbst angewiesen ist und sich ständig zu hinterfragen hat ? Geht man sich da nicht auch mal tierisch auf den Nerv ?
So viele Fragen jetzt. Die Letzte kann ich noch beantworten. Auf den Nerv geht mir eben, wenn ich mich immer um mich selbst drehe. Daher ja die ganze Akzentuierung auf das Neue, auf die Möglichkeiten, von denen ich eben nichts weiß, noch nichts weiß. Und daher die Neugier. Auch kann ich mir ein Leben ohne irgendeine Produktion schwer für mich vorstellen. Auch wenn der Sinn, vom Lebensende her betrachtet, eher fragwürdig ist. Mir fehlt da die buddhistische Einsicht.
Und ja, ich kann mich eben sehr freuen, wenn mir was gelungen ist. Klar, das ist Selbstbestätigung. In bisher allen Fragen also Ja, Ja und wieder Ja. Und überdrüssig und lästig bin ich mir häufig oder manchmal auch. Also nochmal vermutest du richtig.
Denn mir fliegt das akzeptable Bild nicht so zu. Ich muss natürlich dafür arbeiten. Wobei, und da kommen wir zum nächsten Antrieb, das ja eben auch eine sehr schöne Arbeit sein kann. Gerade eben am Anfang und am Ende, wo jeweils alles im Fluss ist, wo ich mich wie ein selbstbestimmter Mensch fühle. Ich kann machen was ich will, doch was will ich ? In erster Linie will ich eben nun mal das schöne Bild, schöner als daß es die Voraussetzungen des Herstellers eigentlich zulassen. Und auch dieser Ansporn ist reizvoll, macht mehr als Spaß, hat mit Lust an der Reibung zu tun. Und dann will ich dabei manchmal und häufig Musik hören, 2 Knoppers essen vielleicht. Ebendiese Lust und Laune-Situationen sind unvergleichlich.
Du sprichst von Selbstbestimmtheit. Bist du das nicht immer, so vor der Leinwand ? Ich male ja selber nicht, meine Vorstellung ist die, daß man keine Kompromisse eingehen muß, die einen im normalen Leben ständig einschränken.
So und so. Also, die künstlerische Äußerung ist zwar Teil der menschlichen Kultur, gilt gemeinhin ja sogar als krönendes Beweismittel gesellschaftlicher Errungenschaft, allerdings hat das künstlerische Tun eine zutiefst unzivilisatorische, also rücksichtsfreie und anarchische Basis. Man könnte das auch Freiheit nennen. Soweit stimmt das Klischee. Doch was fängt man mit ihr an ? Was will man überhaupt ? Und um dem näher zu kommen ist die Frage „ Was will man nicht?“ erstmal einfacher zu beantworten.
Zum Beispiel des Abkupferns zurecht beschuldigt werden.
Natürlich hat man Dinge im Kopf, die andere Menschen vor kurzer oder langer Zeit gemacht haben und die man gut oder toll findet. Aber der Anspruch auf Alleinstellungsmerkmale warnt schnell. Trotzdem schleichen sich immer wieder, durch welche geheime Türe auch immer, kleinere oder größere Vorbildanteile in das eigene Bild. Sicher gibt es Künstler, die offensiv damit umgehen, bisweilen das auch zu ihrem Programm machen, ich hingegen hab dahingehend keine Ambition. Aus dieser Haltung entsteht zum Beispiel eine der Einschränkungen jener vorhin ausgerufenen Freiheit vor dem Bildgrund.
Ein weiterer Punkt, den es zu vermeiden gilt, vielmehr ich vermeiden möchte, ist Anachronismus.
Das mutet erst mal selbstverständlich an, doch ist es wohl eher eine selbstverständliche Übereinkunft. Es gibt ja ansich so viele schöne Dinge, die man sich somit automatistisch verbietet ; und ich auch. Jedenfalls bin ich Teil der meinen Zeit und muss mich mit den entsprechenden Gepflogenheiten auseinandersetzen, wobei auch hier es Zeitgenossen gibt, welche gerne mit Stilen unterschiedlichster Jahrhunderte spielen. Mir ist es ein Graus. In der Rezension solch klassisch orientierter Malerei, die meist einen augenzwinkernden Hinweis auf die tatsächliche Entstehungszeit enthält, wird solches gerne als „altmeisterlich“ bezeichnet. „ Aber malen kann er, das muß man ihm lassen“. Und da sag ich, kanner eben nicht. Jedenfalls möchte ich nix damit zu tun haben.
Aus Freiheit wird so langsam aber sicher Engheit. Ich habe den Eindruck, als erwarten mich noch weitere Einschränkungen.
Tatsächlich sitzt der Vogel schon in einer großen Voliere. Und ergänzend zum Anachronismus möchte ich noch grundsätzlich den Aspekt Stil hinzufügen. Es geht um die Art der Malerei, bzw. der künstlerischen Äußerung. Gerne begreift man scheinhin den Künstler als verwachsen mit seiner Art der Herangehensweise. Aber der Stil fällt dem Künstler nicht vom Himmel vor seine Füße.
Der Stil ist also auch ein Teil der Freiheitsberaubung ? Ist es nicht das ausgesuchte Mittel für die künstlerische Selbstverwirklichung, wie man gerne sagt ?
Ich behaupte mal verallgemeinernd, daß das meistens wohl mehr mit den Vorlieben der Personen zu tun hat, die einen künstlerisch prägen oder geprägt haben ; manchmal auch in einem antipodischen Sinn. Natürlich gibt es die Talente, die aus kunstfernen Lebenswelten und auf der Suche nach indifferent anderer Erfüllung, in der Akademie oder direkt auf dem Kunstmarkt landen, doch wird dieser fast romantische Weg, gerade in den Zeiten der Streetart, die seltene Ausnahme sein. Bei mir beispielsweise war es mein 11 Jahre älterer Bruder, an der Werkkunstschule hier in Wuppertal lernend, der mich mit 9 Jahren ins Von der Heydt Museum geschleppt hat. Und ich hab erstmal gar nichts kapiert. Ich gab zwar vor, daß es mich interessierte, doch habe ich mich gelangweilt. Erst nach vielen Jahren der Auseinandersetzung, immer wieder angefacht durch eben meinen Bruder, ging mir ein kleines Licht auf. Mittlerweile studierte der in Stuttgart und meine Besuche dort, also auch an der Akademie, ließen mir langsam klarer werden, was die dort alle so machen, oder eher probieren. Natürlich war es auch der so offen zur Schau getragene Lebensstil, der die Frage zum künftigen Malstil erstmal etwas in den Hintergrund drängte. Mein äußerst eingeschränkter Blick auf die Szene zeigte mir an, hier geht’s ab mit Abstraktion. Ich sah Bilder, die nicht als Lebensabbild gemalt zu sein schienen.
Das geht ja schon sehr in den autobiografischen Anteil unseres, zugegeben immer monologischer werdenden Gesprächs hinein. Daher möchte ich dich um der Stringenz willen bitten, oder für dich, besser „auffordern“, den Aspekt der Selbstbestimmung nicht aus den Augen zu verlieren.
Ja Karin, ich bemühe mich ja. Hölzken auf Stöcksken.
Aber der letzte Aspekt, daß die Formulierart einem nicht bei der Geburt zugeordnet wird, sondern man sich diese durch Zufall und Mode installiert, ist schon dazu gehörig. So war es bei mir und ich will Beweise, wenn diese Erfahrung nicht verallgemeinerungsfähig wäre. Über die Aneignung eines Stils hat der künftige Künstler sich in ein Nest gesetzt, von wo aus man sich zunächst mal orientieren kann. Da mögen schon mal herrliche Plagiate entstehen. Im besten Fall kann man sich möglichst bald emanzipieren, man findet zu etwas Eigenem, macht einen eigenen Stil auf. Eigentlich aber handelt es sich zumeist um eine Variante, eine persönliche Ergänzung der bekannten Kunstwelten. Große Sprünge sind große Ausnahmen.
Der Stil, die Festlegung des Handlungsraumes ist also eine Grundvoraussetzung, die einem vor dem Bild das Machen erst ermöglicht.
Ich jedenfalls habe mich erstmal mit sehr sensibel ausgeführter Abstraktion versucht. Als ich mich sozusagen als sehr gut darin befand, kam es zu einer ersten Irritation. Nämlich kamen die „Jungen Wilden“. Ich wusste nicht was jetzt zu tun sei und mein fragender Blick in die Runde stieß erstmal auf keine Antworten. Diese Vorbehaltlichkeit kann ich jetzt natürlich gut verstehen, schließlich gab es auch viel zu bemäkeln. Doch stellte ich mit gewisser Verzögerung fest, daß die Protagonisten meines kleinen Ausschnitts der Kunstwelt, mehr und mehr Vehemenz in ihre Kunst einfließen ließen. Der Bezug auf Realitäten des Lebens, Körper, Formen, wurden mit dem Willen der Betrachtererkennbarkeit in Szene gesetzt. Gerade Elisabeth Minke möchte ich erwähnen, die vom Farbauftrag irgendwie an Schuhmacher erinnerte, dabei aber großzügig das Körperhafte gegen das völlig abstrakte Bild älterer Tage austauschte. Das war herrlich fett gemalt, dabei tiefgründig und angenehm rotzig. Sehr befreiend, auch was die Erfahrung von Veränderungsmöglichkeit angeht. Auch ich versuchte mir das zu Eigen zu machen. Da war ich so zwischen 17 und 20. Nicht früh, nicht spät.
Solch eine Festlegungsbiografie ist also strenggenommen eine Einschränkung, welche, bleiben wir im Bild, die Voliere enger macht. Aber, wie ich jetzt ausholend genug hoffe dargelegt zu haben, die ganze Freiheit ist ja auch zu groß, damit kann man nix anfangen, einfach nicht arbeiten. Und daher ist wohl ein Nachweis selbstbestimmter Künstlerhandlung darin zu finden, sich in den soeben behandelten Fragen positioniert zu haben.
Und so kann es losgehen mit der Künstlerwerdung, mit der Vereinnahmung und natürlich auch der Entwicklung der formalen, mehr oder weniger gewählten Grundbedingungen. Da jetzt jetzt der Käfig erstmal passt, kann man sich einrichten, gewinnt den nötigen Tunnelblick und die Konzentration.
Also endlich wieder zum Bilde selbst und der herrlichen Situation, wo das Bild noch lange nicht oder schon längst entschieden ist.
Ja, einen langer Haken hast du geschlagen, bis du dich jetzt doch endlich wieder dem Zwischenziel, nämlich meiner Frage zurücknäherst. Ich hätte das jetzt von dir Dargelegte gerne anders in unser Gespräch platziert. Meiner Ansicht nach ist die Verquickung der biographischen Selbstfindungsaktionen in der Frühphase des Künstlerseins bzw. ‑werdens, mit deinem Selbstbestimmtheitseindruck vor dem Bild selbst, etwas unglücklich. Es mag der Oberbegriff der „Freiheit“ gewesen sein, welcher dich jetzt mäandern ließ. Nun gut, haben wir das dann somit auch. Jetzt ist nichts mehr zu ändern und Lesen und Verstehen haben Andere zu leisten.
Ja, du hast ja recht, gute Freundin. Dein analytisches und strukturierfähiges Wesen hat sicher früher als ich gemerkt, daß da was aus dem Ruder läuft. Trotzdem war es mir wichtig zu erläutern, daß der Begriff Selbstbestimmtheit, den ich ja zuvor leichtfertig im Sinne des Malprozesses verwandt habe, also daß der auch im übergeordneten Aspekt des Künstlerseins oder seiner Werdung, wichtig ist. So hätten wir wenigstens den chronologischen Ablauf gewahrt, denn erst gibt’s den Künstler, dann die Kunst. Obwohl…
Was war jetzt mit deiner herrlichen Situation ?
Also, die Ausgangssituation ist nunmehr fertig, der Bildträger jungfräulich und es kann losgehen. Das gute Bild ist ferner denn je, Zwischenziel ist nur, daß irgendwas passiert, auf dem man aufbauen kann. Es gibt die freudige Erwartung und das Wissen, daß man jetzt gar nichts falsch machen kann. Farbe, Pinsel, Auftragsart, gewählt nach reinem Belieben. Alles ist willkommen. Musik erhöht die Vollkommenheit des Augenblicks. Noch bin ich ganz eins mit mir und meinem fehlenden Anspruch. Und es passieren die Dinge. Dämlichkeiten werden belächelt und ausgehalten, Schlauheit befeiert, schnell aber wieder wegen Dummheit gefeuert. So geht das ein paar Stunden, die Laune ist gut noch, doch langsam beginnt der Ernst des Ersatzlebens. In der Regel sind jetzt schon ein paar Ansätze vorhanden, die man als Basis weiterer Vorgehensweise ausprobieren kann. Aber, und ich rede jetzt natürlich über eine rein exemplarische Situation, so langsam wird die Sache zäh. Und die große Prachtallee, gesäumt von den vielen vielversprechenden und nicht genutzten Möglichkeiten, wandelt sich langsam in einen schmalen Weg. Wobei die Konzentration steigt, die Musik nervt und ich mich doch wieder mit meinen Unzulänglichkeiten beschäftigen muss. Jetzt brauche ich dringend einen Halt ; in Form einer Form. Ich brauche etwas aus dem Leben. Und die Angelegenheiten, welche sich bereits auf dem Bild versammelt haben, müssen mich daran erinnern ; oder ich muss es durch weitere, nun eben längst nicht mehr so unbeschwerliche Aktivitäten provozieren. So was kann schnell gehen, kann aber auch ein paar Sitzungen dauern.
Das erinnert mich jetzt sehr an Alexander Cozen mit seiner Beschreibung von der Herstellung dieser Blots, erinnerst du dich ?
Nö, irgendwie nich.
Der Blotmann, dieser russische Engländer, der nach Italien gegangen ist und so schön die Kontextualisierung von Fleckenzeichnungen beschrieben hat, etwa um 1800 rum.
So Constable und so, Hugo (Victor) auch.. Mir schwant was.
Leider kann ich das jetzt im Gespräch nicht zitieren und werde das aber als Anmerkung einfügen.
(dies hiermit und im Nachhinein getan : „Einen Blot zu machen, bedeutet….Flecken und Formen mit Tinte auf Papier zu bringen, womit zufällige Formen…produziert werden, von denen dem Verstand Ideen präsentiert werden“. 1785)
Dann kann ich jetzt leider auch nicht wirklich darauf eingehen, wobei ich mir sicher bin, daß dein Zitat passend wäre. Versuche ich also fortzufahren….
Mittlerweile am Liebsten sind mir unverfängliche Gegenstände, die schnell erkennbar, arm an Bedeutung und frei von Symbolik sind. Die Sachen sollen nur formale Stützen für das Bild sein ; wobei häufig auf meinen proklamierten Willen keine Rücksicht genommen wird und kleine Geschichten durch Anhäufung von Dingen und Körpern entstehen. Das ist wohl dem Menschen eigen, also der Automatismus Zusammenhänge zu konstruieren, sobald sich zwei erahnbare Dinge auf dem Bilde tummeln.
Oft ist es auch so, daß sich beispielsweise eine Figur im Bild platziert und diese alsbald ihre naturgemäßen, oder sagen wir mal schlüssigen Kumpels mitbringt. Beim Soldat 2 waren es die Accessoires, der Pistolenhalfter, das Messer, der Horizont mit Einschlägen. Und beim müden Auto war es halt der Reparierversucher, der Maulschlüssel.
Maulschlüssel, wo ?
Da !
Das erklärt mir den manchmal hervortretenden Surrealismus in deinen Bildern. Et kütt wie et kütt, Hauptsache es sieht gut aus.
Und macht keinen Ärger !
Und der Rest wird vom Betrachter schon in die erzählerische Reihenfolge gebracht. Ein älteres Bild fällt mir dazu, gewissermaßen exemplarisch ein, ein Hausstück, Grundton Rosa mit einer Person mit nur einem Bein oder so. Da kommt aber noch eine Ebene hinzu. Auf diesem Bild befinden sich Häuser, die belebt, oder besser gesagt, lebendig wirken, haben Augen, Münder, schauen.. Nun besitzen Häuser ja häufiger eine Gesichtscharakteristik, du aber scheinst grundsätzlich gerne mit diesem Métier zu spielen, welches man ja auch aus Comics, nehmen wir nur den großartigen George Herriman zur Erinnerung, kennt.
Au ja, der Verlebendisierungsfaktor..
Danke für diesen Neologismus !
Geschenkt ! Aber schau, der Flugkörper 2 (Bild an Wand). Das ganze Teil ist eine Mischung aus Vogel und Flugzeug. Es hat Auge und Propeller, hat eine Pilotenkanzel, benötigt aber keinen Piloten. Der Ausdruck ist von freudiger, vielleicht etwas aggressiver Anspannung und großem, unaufhaltbar scheinendem Flugwillen. Ich liebe dieses Bild und es erstaunt mich immer wieder.
Oder bemühen wir noch mal das Müde Auto. Es kann kaum seine Lampenaugen noch aufhalten, während man sich um es bemüht. Kenn ich auch, sowas.
Aber die surreale Herangehensweise ist nun mal zugegebenermaßen auch ein einfacher und sich immer wieder anbietender Effekt, da ich mich, bedingt durch seine Wesenhaftigkeit, nie für irgendeine Erzählform rechtfertigen muss und er mich daher, hinsichtlich der malerischen Natur meiner Arbeit nicht einschränkt, sondern mir, so ganz nebenbei, noch eine kleine Freude und Kurzweil zu bereiten in der Lage ist. Ich glaube, viel schwerer wäre es, wenn ich echt deutungssicher einen Sachverhalt malerisch schildern müsste…und viel langweiliger.
Aber mir scheint doch, daß der Anteil der nachvollziehbaren Erkennbarkeit der Gegenstände, Körper und der sich daraus entwickelten Geschichten für dich größer und auch wichtiger ist, als du gemeinhin gerne im kurzen Normalgespräch zugibst. Du beschreibst dich ja gerne zwar als Nutzer dieser Angelegenheiten, vergisst aber nie deutlichst darauf hinzuweisen, daß im Grunde die reine Malerei dein Hauptanliegen ist. So ganz glaube ich dir jetzt nicht mehr.
Zurecht ! Es ist eben wie immer, so und genau so anders. Das ist auch ein guter Vorteil der Kunst, der brotlosen. Man kann so konsequenzlos inkonsequent sein. Aber trotz der Ironie, die du zum Ausdruck bringst, danke ich dir für die Aufdeckung dieser Tatsache.
Allerdings interessiert es mich tatsächlich ansich nicht, ob meine Geschichten dem Betrachter schlüssig sind. Es ist mein Salz in meiner Suppe. Und natürlich hat immer das Anliegen vorrangig erkennbar zu sein, daß ich nämlich Tatsachen schaffe und keine Illusionen !
Also grundsätzlich gilt, was ich mal so formulierte :
Form und Inhalt treffen sich.
Form sagt zu Inhalt : „Ich liebe dich!“
Inhalt sagt zu Form : „Ich brauche dich!“
Bei konträrem Anliegen geht das natürlich auch umgekehrt.
Dann definierst du das Lieben als zweitrangig dem Brauchen gegenüber ?
Wenn´s hart auf hart kommt, schon. Brauchen ist absolut existentiell und essentiell. Ein Wein ohne Glas ist Pfütze. Trotzdem komme ich, wie schon gesagt, nicht ganz ohne das Abbildhafte aus. Dieses Spiel aus Wiedererkennen und Loslösung ist wohl mein Ding. Zumindest was meine Bilderherstellung angeht.
Wenn wir im Museum, also Leipzig, Kopenhagen, oder natürlich im Von der Heydt waren, ist mir diese Präferenz nicht aufgefallen. Manchmal konntest du es sehr genießen, wenn die Dinge eine realistische Neigung hatten.
Du ja auch. Vielleicht haben wir uns da gegenseitig hineingesteigert.
Nein, ich bin halt manchmal über die Technik baff erstaunt. Das hat dann nicht unbedingt etwas damit zu tun, ob mir im Endeffekt das Bild gefällt. Umgekehrt, also was das Gegenteil von Realismus angeht, hat mich eine Ausstellung von Kurt Kocherscheidt in Bottrop umgehauen, der trotz aller malerischer Gestik und Lebendigkeit im Farbauftrag, sich jeglicher Bezugsherkunft entzogen hat. Herrliche Bilder. Immer wieder meinte ich, wie bei einem Rätsel ein bisschen, das dem Leben Entnommene aus der Abstraktion herauslesen zu können, aber da war nix zu machen. Und ich bin ansich recht gut darin. Im Grunde genommen aber ist mir die Malart nicht so wichtig. Vielmehr muss es eine Seele haben.
Vorsicht Glatteis ! Was ist das ?
Ich wusste es. Aber ich versuch jetzt nicht allzu sehr zu schlittern. Folgendes Beispiel : manchmal kann man sich den Museumsbesuch nicht aussuchen. Man ist vor Ort, ob gut drauf oder eben nicht. Dann geht man natürlich trotzdem rein. Die Aufnahmefähigkeit ist deutlich nicht vorhanden, es fehlt an Lust und Wachheit. Dann sind die Bildbetrachtungen eher rationaler Natur. Das ist schon in Ordnung, hat aber eher etwas angenehm bildungsbürgerliches. Nach dem Motto, gut, hab ich das jetzt auch mal gesehen, nächstes Meisterwerk… Ich bin also beschäftigt mit meinen nachsichtigen Betrachtungen, da ich ich mir ja meiner eigenen defizitären Grundbedingung sehr wohl bewusst bin, und dann plötzlich, wenn ich viel Glück habe, und ich so ich um die Ecke komm, dann hängt da was, etwas was jede Rationalabwägung außer Funktion setzt und mich zur Maulhalte bringt ; wenn da so was hängt, dann haut mich das um. Das ist Glück, und Glück ist selten. Verstehen tu ich das eben nicht, daß ein wenig getrocknetes Öl, vermischt mit Steinpulver auf Leinen sowas auszulösen in der Lage ist. Diese Erfahrung ist so unmittelbar und irrational, daß alle vorherigen Herangehensweisen wie leblose Für und Wider – Abhandlungen wirken. Und sollte ich mal vergessen haben, warum ich das Ganze mache und mag, dann weiß ich es in diesen Augenblicken auf der Stelle wieder.
Und daher nenne ich solche Produkte eben Dinge mit Seele. Und ob das nun eine Brown, ein Tintoretto oder Soutter ist, das ist mir so was von..
Jetzt mache ich mal einen Querschläger ! Wenn du schon diese Namen, hinter denen so unterschiedliche Malweisen und Zeiten stehen, nennst ; du auch vorhin sagtest, die Malart sei dir nicht wichtig, würdest du gerne auch gerne mal anders malen ? Aus deinem passenden Schuh schlüpfen ?
Ich habe eine Vorstellung davon, wie es ist eine Art Studie zu malen oder zu zeichnen, ja.
Wo weniger die Komposition im Vordergrund steht, weniger das Herauskitzeln originärer Möglichkeiten. Vielmehr habe ich eine romantische Vorstellung, genauest mögliche Beobachtung auf Papier oder Kapaplast zu bringen. Eine schöne kontemplative Arbeit, wie seit ein paar hundert Jahren und zuweilen immer noch üblich. Auch hier stelle ich mir vor, mich angenehm zu verlieren, ohne alle Eitelkeit. Wie beim Akt- oder Naturzeichnen. Man fängt an und arbeitet sich durch. Akribie, verbunden mit disziplinierter Ruhe. Und das, ohne immer gleich zu schauen und zu reflektieren. Aber ich bin wohl recht ungeduldig und mir wird langweilig, Nicht aber, daß solche Hervorbringungen langweilig seien.
Und da fällt mir jetzt doch gerade ein, was ich an Malaufgabe ein wenig vor mir hertreibe. Ich möchte mich doch mal an einem durchweg assotiationsfreiem, also an einem Erzähl – und gegenstandslosen Bild versuchen. Die Dinge nicht nutzen, auf die ich mich vorhin noch angewiesen erklärt habe. Da bin ich gespannt drauf, habe aber auch ein gewisses Muffensausen.
Die Antipode dazu muss ich natürlich auch noch nennen. Was mich total anöden würde, wäre Schreibtischkunst. Kunst also, die ausgedacht wird und im Maßstab 1 zu 1 umgesetzt wird, ohne einen Verwilderungsprozess durchlebt zu haben, wie ich ihn sicherlich noch beschreiben werde und es schon getan habe. Das sind dann meist die Dinge, die treffsicher politische und/oder gesellschaftliche Misstände anklagen können. Meiner Überzeugung nach ist Kunst in erster Linie selbstbezüglich, gerne auch selbstreferentiell genannt.
Dann aber bitte autoreferentiell.
OK. Du hast natürlich recht. Die größte Kraft entwickelt Kunst, wenn sie kompromisslos ihren eigenen Gesetzen der Ästhetik folgen kann. Sobald Kunst Propaganda und Transportmittel wird, verliert sie an ebendieser Wirkkraft. Es gibt natürlich und wie immer schöne Gegenbeispiele, doch eben selten. Im besten Fall ist diese Betroffenheitskunst von unfreiwilliger Lustigkeit, meist mich peinlich bis agressiv berührend. Aber darüber habe ich mich schon mal eingehender aufgeregt (Lieber Herr Brindl Art),
Bist du das also noch los geworden.
Wenn ich schon mal so was ähnliches gefragt werde… Aber ansich bin ich schon zufrieden mit ebendiesem Schuh. Gut ausgesucht, hoffentlich nicht zu bequem und doch flexibel. Wir sind mittlerweile miteinander verwachsen, da brauch ich nicht groß was Neues. Und wie ich so gerne
Lemmy Kilminster zitiere : „ Man kann halt nicht alles haben. Wo willste auch hin damit!“
Gut, dein Verhältnis zu Abstraktion und Konkretion ist hinreichend behandelt, wie ich meine.
Jetzt lass uns doch wieder zu deiner Arbeitsbeschreibung zurückkommen. Du hattest erzählt, wie du ein Bild beginnst. Und ich darf dich erinnern, daß du Anfang und Ende als Selbstbestimmt bezeichnet hast.
Ja dann eben zum Ende ; und später durch die Mitte ins Herz..
Also, alles ist soweit geschafft. Alles ist positioniert, formuliert und betreut. Musik erschallt, meine Nachbarin meint, ich täte pfeifen dazu, und ich beginne kleine Fehler zu suchen. Diese werden mit höchster Raffinesse altmeisterlich zunichte gemacht und ich freue mich, wieder etwas geschafft zu haben, was nun zu mir gehört, Teil meines Selbstverständnisses sein wird.
In diesem späten Stadium bin ich der Souverän, der glücklich, und sicher auch selbstherrlich über Wohl und Weh bestimmt, Gnade vor Recht trotzdem nicht zulässt und seiner Genialität einen weiteren Beweis geführt hat. Für den holprigen Entstehungsweg mit all meinen Unzulänglichkeiten habe ich nur Hohn und Spott. Ne, so was Schönes habe ich noch nicht gemalt !
Schön. Das waren dann quasi die angenehmen Seiten der Bildherstellung. Trotz aller Befürchtung, daß jetzt Darstellungen von Verzweiflung, Hunger, Durst und Selbstverachtung folgen, möchte ich jetzt doch hören, wie du dich zwischen Anfang und Ende begreifst. Geh in die Mitte !
Ist ja fast wie eine Séance. Ich verstehe, spiristisch und spirituell sind ja manchmal nahe beieinander.
Sollten sich die Dinge überlagern, werde ich trennen.
Die Mitte. Selbstzweifel ? Hunger und Durst ? Na logo !
Aber wenn´s gut läuft ist das alles aushaltbar. Außerdem gibt es Chinesische Instantsuppen, die sind immer ein gutes und leichtes Atelieressen. Hat mein Professor schon, wie so vieles, mir mit großer Präzision implementiert.
Nun der Anfang ist getan, der erste Gegenstand hat sich eingefunden, welcher aber wie eine blinde Neugeburt noch so gar nichts mit seiner Umgebung anzufangen weiß. Also fange ich an, die Situation für selbige zu verbessern. Manchmal ist das eine Murkserei, mal ergibt es sich verdächtig schnell und fast selbstständig. Im ungünstigsten Fall erweist sich dann doch dieser Weg als Holzweg und ich muss mich querfeldein retten. Das fällt naturgemäß schwer, kostet echte Überwindung. Meistens aber bleibt mir das erspart. Weißt du eigentlich warum der Holzweg Holzweg heißt ?
Schweig und sprich ! Stringenz bitte !
In der Regel konzentriert sich das Bild immer mehr, die Standhaftigkeit der Positionierten wird größer. Immer wieder provoziere ich, nehme Abstand und entscheide über Wohl oder Weh der letzten Aktionen. Und ich bin, mit dem was ich weiß, oder vielmehr glaube zu wissen, mein einziger Berater. Es ist ein Art Zwiegespräch. Natürlich weiß ich, daß der Zustand auch medizinisch erklärbar wäre. Aber was hat Hugo Chávez den Venezolanern zugeschrien?: „ Ich bin nicht ich. Denn ich bin das Volk!“ Das ist doch abgefahren.
Dieser Utopist hat das Volk mit solchen Worten mitgerissen. Eine Zeit lang. Aber eine interessante Aussage. Und auch die Nähe, die du dazu herstellst. Es hört sich eigentlich an, als versuchtest du über die Erfindung des Beraters eine Art Objektivität zu imaginieren.
Das möchte ich durch die Frage vertiefen, wie deine Entscheidungen nun entstehen ? Was ist gut oder schlecht ? Sind das unverbrüchliche Gesetze oder hängen deine Regularien nicht vielmehr von deinem individuellen, nicht zwangsläufig allgemeingültigen Wertekanon ab ? Kann es sein, daß du eine Suppe kochst, die nur dir schmecken muss ? Auch wenn Andere sie vielleicht mögen können ?
Hm. Das tut ein wenig weh. Alleinheit zieht einsame Entscheidungen mit sich. Und natürlich führt das dazu, daß die Betrachter diese nicht unbedingt nachvollziehen können. Auch sollte es gefallen, ist es möglich, daß sie etwas Anderes mögen, als ich es Ihnen mit dem Bild aufzudrängen versuche. Dann gebe ich die Deutungshoheit eben ab. Und das, nennen wir es Zwiegespräch, ist nicht installiert, sondern nun mal qua Vorhandensein aktiv.
Vielleicht handelt es sich ja in deinen Entscheidungsaktionen um einen Irrtum der bewussten Art, eine Stütze, die alles erst machbar werden lässt!?
OK. Da kann ich dir recht geben. Natürlich lass ich zu, daß ich quasi mir vormache, der oberste Schönheitsrat hat entschieden, daß der rote Fleck unten links eine Ehrenmedaille zweiten Ranges erhält ; und alle Ewigkeiten tragen darf. Klar, alles meine Suppe, in der ich koch. Aber sozusagen pars pro toto. Natürlich gibt es mehr Zweifel als Einigkeit in einer allgemeingültigen Bewertung von Kunst. Allein, daß ich mich mit ähnlich Interessierten doch zum Teil prächtig und ins Mark treffend über Kunst unterhalten kann, lässt mich an deiner Annahme hoffend zweifeln. Klar, am Besten ging das mit Andreas (Bruder, tot), wobei hier natürlich ein Geschmäckle mitschwingt, daß da eine gewisse Prägung mitschwingt. Sicher muss es immense Unterschiede in der Bewertung geben, sonst würde man ja nicht von 98 % Schrott umgeben sein. Und wenn dieser Eindruck auch noch von allen geteilt wird, die 2% aber einer flexible Verteilung unterworfen sind, äh ja dann… dann hast du schon wieder recht. Trotzdem. Es gibt ja zum Beispiel die Klassiker. Wer mag Velazquez nicht ? Wer kann Bruegel nicht leiden ? Wenn sie das Herz und den Verstand auf rechten Flecken haben, dann mögen sie, können sie auch sagen warum. Ein bisschen zumindest. Annäherung über den eigenen Geschmack – und über den lässt sich ja bekanntlich herrlich streiten. Aber natürlich gibt es einen Haufen Menschen wo Hopfen und Malz verloren ist – oder wie ich immer so gerne sage, bei Blindheit hilft auch keine Brille nicht.
Ist es nicht aber lediglich eine Art gesellschaftlicher Übereinkunft, wobei wir natürlich nur von einem recht geringem Bevölkerungsanteil von Kunstinteressierten sprechen, gerade die Klassiker toll zu finden. Was für ein Hype auch bei den Impressionisten. Da kann doch jeder mit, habe ich den Eindruck. Was da an einstigem Revoluzzertum und Bahnbruch es in die bürgerlich konservative Mitte geschafft hat. Der Konsens ist hier sicherlich höher als bei der aktuellen Kunst…
Sicherlich ist die Kunst vergangener Epochen auratisierter und unter dem Deckmantel des Alters erstmal bekömmlicher wirkend. Aber natürlich nur an der Oberfläche. Gute Kunst trägt sich über die Zeiten ; und daß man heute über Werke streiten kann, die vor Hundert oder Dreitausend Jahren gemacht wurden, lässt den Schluss zu, daß zwar die Stile gewechselt haben, doch der Wertekanon, bzw. das Qualitätssystem stabil funktioniert.
Wie heißt es so schön in einer Werbung ? Die Mode wechselt, der Druckknopf bleibt !
Und daß man mal vielleicht zu viel von einer Sache hatte, woraufhin der Appetit erstmal darauf gestillt und manchmal für längere Zeit abgeklungen ist, das ist doch normal. Meine Güte, was habe ich mir früher den Picasso reingezogen, konnte gar nicht genug Bücher und Ausstellungen mir anschauen. Ein wunderbares Vorbild künstlerischer Haltung und Arbeitsweise ; so wie auch Dieter Roth es ist. Da hängt er (Bild an Wand). Aber irgendwann war´s dann auch gut mit PP. Das macht ihn nicht schlechter, aber ich bin dieser Bilderfindung ein wenig überdrüssig, bringt mir gerade nichts. Zumindest theoretisch. Stehe ich dann wieder davor, ist mal wieder alles anders. Und außerdem, mal ungewöhnlich und hoffentlich erholsam pragmatisch ; wer hört sich schon ständig die gleiche Platte, die gleiche Musik an. Das Beste wird irgendwann langweilig und überschaubar. Dann kommt das neue Beste.
Und natürlich teile ich leider deinen Zweifel auch an mir, den du etwas zuvor formuliert hast. Dafür habe ich mich selber schon häufig genug bei meinen eigenen Sachen geirrt. Denn nach getaner Arbeit gibt es häufig, oder eigentlich immer, eine schöne Verliebtheitsphase. Ich bin dann sehr parteiisch und ergriffen. Das dauert meist ein halbes Jahr. Dann tritt die Abkühlungsphase ein. Es gibt halt andere Anhänglichkeiten mittlerweile. Manchmal aber entsteht auch Entfremdung und, selten zwar, Unverständnis oder gar Abscheu. Gut, war halt ne Phase, is vorbei. Aber natürlich ärgere ich mich, da natürlich mein untrüglicher Instinkt, mein Bewertungssystem damit angegriffen ist ; wenn ich mich dann selber nicht mehr verstehe, warum ich was gemacht habe. Und damit gebe ich dir also schon wieder recht in deinem scharfsinnigen wie aber auch scharfrichterlichen Zweifel an meiner Arbeitsweise. Aber was soll ich machen. Der Irrtum ist also die ständige Gefahr und damit muss ich wohl leben. Arno Schmidt hat mal gesagt, so oder ähnlich : Die Welt ist so groß, daß jeder darin Unrecht haben kann.
Du schaffst es doch immer wieder, die gedankliche Stringenz unserer Zusammenkunft zu unterminieren.
So sind Gespräche nun mal.
Das ist eher kein Gespräch sondern ein Frage/Antwort Spiel, nur daß ich irgendwie den Eindruck habe, daß deine Antworten nicht immer direkte Reaktionen auf meine Fragen sind.
Das ist doch wie in der Kunst : man will das Eine und kriegt das Andere.
Geht aber auf Kosten der Nachvollziehbarkeit.
OK Dann hätten wir auf das direkte Gespräch verzichten müssen. So macht es aber doch mehr Spaß, wenn auch so verwirrend wie das Leben selbst.
Kommen wir aber doch jetzt zurück auf die Bildfindung, die zeitlich in der Mitte liegt.
Ja natürlich. In dieser Phase also, die stimmungsmäßig unkalkulierbar ist, genau wie auch der Fortschritt, entscheidet sich dann der Charakter des Bildes. Heiter oder wolkig, beschaulich und zart oder eher wüst. Ich lass mich da treiben, empfinde mich manchmal als verantwortungsbefreit, mehr Medium. Ich weiß, ist natürlich Quatsch. Im Fall, daß es gut läuft, können viele Entscheidungen gut getroffen werden, die Konzentration ist hoch und ich vergesse die Zeit. Dieses schöne Eintauchen, das ist Glückserfahrung. Natürlich kennt man aus vielerlei Beschreibungen diese Art von Rausch und der ist eine wichtige Antriebsfeder. Jedenfalls passieren in diesem Zustand viele Dinge auf dem Bild, die sich vermeintlicher Bewusstheit entziehen. Der nun hinlänglich beschriebene Dialog wird leiser, die Entscheidungen reduzieren sich auf Richtig und Falsch, fast wie ein Impuls. Im Grunde genommen passieren jetzt die wichtigen Dinge auf dem Bild, der Ursprung des Geheimnisses und der Faszination, die einem jeden Bild angehören müssen, um ein gutes Bild sein zu können. Währenddessen verändert sich auch das Zeitempfinden, die Uhr rast nur so. Und wenn ich dann aus dem Zustand wieder herauskomme, kann ich mich im idealen Fall eines Bildes erfreuen, was mir ausreichend genug fremd ist. Nicht wie von anderer Person gemalt, doch besser als ich es glaubte zu können, mit deutlichen Fremdspuren und unbekannten Erweiterungen. Hernach kann ich mir dann Gedanken machen, was ich damit anfange, wie ich das einordne.
Wie unsere gemeinsame Freundin Ulrike (Fahrney, Psychologin) einmal sagte, Unbewusst ist Unbewusst und bleibt das auch. Kann also nicht bewusst werden.
Daran erinnere ich mich gerne. Auch, daß sie sagte, daß trotz aller Weitsichtigkeit von Freud, dies sein Fehlverständnis war. Wir setzen der Unbewusstheit unsere, dem Bewusstsein entsprungene Erklärmodelle entgegen. So ungefähr habe ich das in Erinnerung. Insofern ich nur Maler und kein Patient bin, ist mir das auch ausreichend recht ; und überhaupt gefällt mir diese Erklärung irgendwie.
Gut, jetzt hast du einen Präzedenzfall beschrieben, der ideal verlaufen ist. Du hast einen schönen Zustand dargestellt, den vielleicht jeder kennt, der aber nicht so leicht zu provozieren ist.
Ich nehme mal an, daß hier die Chemie die angenehme und berauschende Stimmung im Kopf verursacht, wozu gibt es sonst den Sport ?
Einleuchtend.
Und was machst du, wenn das ausbleibt, du kleben bleibst an einem Bild, welches Arbeit einfordert und keine Freude macht ? Gibt es überhaupt auch ein Aufgeben, ein Versagenseingeständnis ?
Nun ja, dann muss ich eben arbeiten. Dann liegt die Karre im Dreck und ich muss ziehen. Das kann zäh sein, führt zu schlechter Laune und natürlich zu einem Hader mit mir und meinen Fähigkeiten, die dann offensichtlich fehlen. So werde ich auf meine Unzulänglichkeiten hingewiesen, auf meinen Kleinmut. Ich muss meine Ängstlichkeit erkennen, ohne eine Gegenmaßnahme zu entwickeln – lange nicht. Ich überlege und suche nach Vorbildern, im wahrsten Sinne des Wortes, die mir als Mutmacher dienen. Bis es mir irgendwann total reicht und ich, jetzt bemühe ich erneut die Metapher des Weges, ich eben jenen verlasse und querfeldein laufe ; bis dann irgendwann ein neuer, besser begehbarer auftaucht. Und bisher habe ich immer noch einen gefunden. Soviel also zum Aufgeben. Aber das ist alles schon frustrierend.
Und dann gibt’s ja auch noch Tricks. Die dienen mal wieder dazu, sich selber ein wenig weniger wichtig zu nehmen. Denn meistens verantwortlich für eine solch unangenehme Situation sind die Bedenkenträger, die Zauderer und Überleger in einem.
Du hast die Pharisäer und Schriftgelehrten vergessen !
Ja, da muss ich mich wohl auch noch bei dir bedanken. Jetzt wird man hier noch veralbert.
Welche Tricks ?
Äh,Tricks also, die da wären „Aufgabe des Überblicks“, „Überforderung durch Schwierigkeiten“oder das Wecken des Wagemuts mittels unlauterer Mittel, wie das einer Kaffeevergiftung. Natürlich gehen auch Alkohol oder andere Substanzen, doch ist hier der Grad zwischen guter Arbeitsentscheidung und Enthusiasmus sehr schmal, daher habe ich das seit gefühlten Tausend Jahren nicht mehr gemacht. Die Blickverkleinerung ist da eine gesündere Strategie. Die Einzelanteile des Bildes verlangen ja gerne nach kongruentem Verhalten ; da macht man in der hinterletzten Ecke einen unbeholfenen Strich, schon schreit es im Südwesten nach einer angemessenen Antwort. Das kann den Maler nerven und er bittet um Ruhe. Natürlich nutzt da Bitten nix. Und da hilft es den Überblick zu verlieren. Links unten fängt man an meinetwegen, arbeitet sich mit eingeschränktem Blickfeld, immer nur die unmittelbare Bearbeitungsumgebung kontrollierend, langsam, wie der schon bemühte Maulwurf, durchs Bild. Und manchmal wird´s dann ein schönes und frisches Bild. Oder zumindest hat man wieder einen Anknüpfungspunkt.
Eine weitere Möglichkeit ist die Problemverstärkung. Also die Schwierigkeiten auf ein unerträgliches Maß zu steigern, sodaß aber auch ein jeder einsieht, daß es so nicht weitergeht.
Und Schwierigkeiten gehen ganz schnell. Nämlich Mist bauen auf dem Bildträger
und anschließend alles wieder gut machen.
Was noch ? Kaffeemissbrauch. Nun bin ich ansich Teetrinker. Aber schnell viel zu viel Kaffee zu trinken, zwingt die Zaghaftigkeit in die Knie und führt zu einem kreativen Annehmen, sowohl bezüglich der unwiederbringlichen Vernichtung, als auch der gleichzeitigen Hervorbringung. Dieser Wagemut, welcher die Konsequenzen zwar erkennt, doch als nichtig bewertet, konnte bei mir manchmal Bilder sehr gut retten, in eine neue Richtung führen. Aber auch das habe ich seit bestimmt 20 Jahren nicht mehr gemacht. Vielmehr geht es mir bei meiner Art Intimbeschau darum, ein gewisses grundsätzliches Handlungsinstrumentarium zu beschreiben, wie ich in schwieriger Situation mit ebendieser umgehe. Oder umgegangen bin.
Dann mögen deine Selbstvermeidungsstrategien das vorgestellte und arbeitsreiche Bild doch noch ganz ordentlich haben werden lassen, doch wann ist es denn fertig ?
Merkwürdig, daß du diese Frage jetzt stellst. Übrigens ist das eine häufig gestellte Frage, die mich immer verwundert, als würde ich auch in Gefahr laufen, das Bild zu weit zu malen.
Aus all dem Beschriebenen eröffnet sich ja, daß alles automatisch auf das Ende des Bildes hinausläuft, genauso selbstverständlich es einen Anfang hatte. Es verdichtet sich immer mehr und irgendwann gibt es eben nichts mehr hinzufügen.
Und kann dann auf den Kunstmarkt!?
Moment, erst muss das noch trocken werden. Aber im Ernst, schön wär´s.
Im vorderen Raum hängt ja das „Schiff PVC 1“. Dieses Bild habe ich bereits vor etwa einem Jahr gesehen, also als ich das letzte Mal in Wuppertal war. Damals hast du dich ganz euphorisch über das Bild geäußert und keinen Zweifel daran gelassen, daß es fertig ist. Jetzt war ich sehr erstaunt, daß es von dir nochmals völlig umgebaut wurde. Hast du dann doch kein Ende gefunden ? Zwar gefällt es mir, das neue Schiff, doch deswegen die Atmosphäre des alten derart
zu verändern, erstaunt mich. Ein ganz neues Bild in dieser Serie wäre doch auch gut gewesen, zumal du ja einige dieser Art zwischen diesen Zuständen gemalt hast.
Was war das jetzt für ne Frage nochmal ?
Ich sprach gerade den Zweifel aus, daß da in diesem Fall eben doch nicht die Zwangsläufigkeit, die du im Zusammenhang mit dem Ende der Bildfertigung beschriebenen hast, vorhanden war.
War sie aber wohl ! Aber eben auf andere Weise. Und das hat eben eher was mit dem Thema zu tun, daß ich kein Bild aufgebe und ich es immer wieder versuche, das Bild aus dem Desaster zu hieven. Aber das Bild, die ganze Serie war schon eine Katastrophe der mir bis dato unbekannten Art.
Also zier dich nicht, das Glas ist noch nicht ausgetrunken und diee Zeit habe ich auch noch…
Na juut. Die ganze Serie PVC ist mit dem Anliegen angegangen worden, daß die Bilder die leichtesten der Welt werden sollten, trotz eben ihrer nicht unerheblichen Größe (150 x 200 cm). Jetzt sind es aber leider die weltschwersten Bilder der Welt geworden.
Hä ?
Ja, der Reihe nach. Ich hatte die PVC Auslegeware irgendwann mir von der Messe mitgenommen und ursprünglich in meiner Spießerphase als Tropfschutz unter meine Staffelei gelegt. Als ich dann also tropfte, fiel mir auf, daß ebendiese Tropfen aus Öl auf das Herrlichste mich beeindruckten, so satt wie die da so auf dem schwarzen Grund lagen. Ich beschloss daher, den Tropfgrund als Bildgrund zu tauschen. Schön an die Wand getackert wurde das eine Malerei, die mich überaus beschwingte.
Es lief so wunderbar alles, wie von selbst. Kaum Probleme, alles wunderbar. Und die Vorstellung war, daß die Dinger so leicht waren, ich die rollen konnte und wenig Platz beanspruchten.Jedenfalls war die Serie erfolgreich abgeschlossen, mein Stolz und mein Übermut hielten sich auf hohem Niveau, und da schien mir plötzlich die Präsentation der Teile unangemessen spartanisch.Also so an die Wand getackert. Ich wollte es plötzlich museal. Auch waren die Lappen weit widerspenstiger im losen Zustand als mir lieb war. Also beschloss ich Rahmen zu bauen. Kein Problem soweit, die schön shabby geschwärzt. Nur so locker eintackern ging natürlich nicht, darum musste ein Bildhintergrund her. Ich entschied mich für 3mm Sperrholz und für nicht reversiblem Teppichkleber. Super professionell alle gehandhabt, bis die Bilder herrlich gerahmt rumhingen. Ich war zufrieden, die Tage gingen dahin. Bis mir die ein oder andere Beule auffiel. Erst wollte ich cool darüber hinwegsehen, ging aber nicht. Nun bin ich ja auch Akribiker. Also habe ich Latten zur Hinterstützung von hinten in den Rahmen geschraubt. Dann war das an der Stelle OK, doch andere Beulen kamen, eben woanders. Langum, die dünnen Platten wollten eben arbeiten, ich musste. Handeln. Stell dir vor, das sind ja Herzensangelegenheiten. Ich war in Not. Malerei gut gelungen und dann wird das Ergebnis so durch Blödsinn untergraben.
Irgendwann habe ich versucht, das PVC wieder von den Platten zu befreien. Irreversibler Kleber.. Erst vorsichtig, dann immer heftiger. Schließlich habe ich mich draufgestellt und habe gezogen. Bei zweien ist mir das gut gelungen, bei den Bildern Schiff PVC1 und Bedrohliche Aufstellung, also das mit der Schnecke und dem japanischen Kleinritter auf Pferd, aber nicht.
Für alle habe ich 1cm MDF Platten als neuen Hintergrund spendiert und die, welche meine Bearbeitung gut überlebt haben, konnte ich damit auch gut retten.
Die beschädigten zwei habe ich erst mal zur Ruhe kommen lassen. Rückseitig befanden sich überall noch Sperrholzreste, eingerissen waren sie auch. Und das bei Bildern, die ein so hohen Schwarzanteil haben, oder sagen wir, einen so hohen Anteil an unbemalter PVC Fläche haben…
Katastrophe. Schließlich habe ich die Teile dann doch noch auf die dicken Platten geklebt. Die „Bedrohliche Aufstellung“ hat zusätzlich noch einen, so glaubte ich glättenden Untergrund“ aus einem anderem (anders farbig) PVC gekriegt. Und gerade dieses hatte ja noch sehr großteilig das Sperrholz unter sich. Die störenden Veränderungen also, vor allem auf den unbemalten Flächen, waren einfach unerträglich. Ja Karin, der ganze Ärger für so einen Blödsinn. Die Zeit, das Geld…
Nun hingen sie also wieder da. Was konnte ich noch tun ? Der rettende Aktionismus war ausgeschöpft, jetzt musste ich dann doch wieder künstlerisch an die Sache ran.Ich begann also die mich störenden Stellen wegzuschneiden. Kleinteilig konnte ich die dann ablösen. Und ich sah die darunter erscheinenden und so mühselig aufgetragenen Hintergründe, zumindest bei dem Bedrohliche Aufstellung. MDF, Sperrholz, das farbige PVC. Und diese flachreliefartige Behandlung, das Hervorholen dieser unterschiedlichen Materialien, machten plötzlich großen Spaß. Ich konnte endlich wieder in die Offensive gehen. Die Bilder haben sicher eine Charakterwandlung erlebt und auch sehr zugenommen, aber vielleicht mag ich sie daher umso mehr. Alleine bewegen kann ich sie allerdings nur mit einem Transportroller. Hab ich mir auch noch gebaut.
Und so, liebe Freundin, war deine Vermutung zwar gerechtfertigt, daß ich das mit dem Bildende doch nicht so weiß, aber daß das Bild so aussieht wie es jetzt aussieht, verdanke ich meiner Materialunkunde. Wo ich mir auch noch immer so viel darauf eingebildet habe, mich gut mit diesen Dingen auszukennen.
Also ein Glück, daß ich in dieser Heldenzeit nicht hier war. Aber da habe ich dir ja eine wunderbare Steilvorlage zu deinem Epos gegeben und wir können das ganze heutige Gespräch in den privaten Rahmen münden lassen. Oder ? Was kann jetzt noch kommen ?
Höre ich jetzt schon wieder Ironie oder bin ich nur sensibel ?
Nicht doch, aber schließlich habe ich jetzt eingehenden Einblick über deine Arbeitsweise erhalten, das Wie ist ermittelt, das Was auch ausreichend und entsprechend der geringeren Bedeutung, die du dem zubilligst, gestreift.
Gibt´s noch was zu sagen?:
Erstmal nix als Danke. Und : Maler male, rede nicht. Ist glaub ich von Goethen.
Haste dich aber nicht dran gehalten.
Goethe, die alte Flöte….
Ruhe getz !
……..!
Weitere Worte :